Schönbach/V. 
gestern - heute - morgen

Gaststätten und Wirtshäuser

Das Wirtshaus oder der Dorfgasthof waren traditionell die Begegnungsstätten des Dorfes. Hier fanden Tanzvergnügen und Skatabende statt. Die Vereine hielten ihre Treffen im Wirtshaus ab und nach Feierabend trafen sich vor allem die Männer des Ortes. 

Schönbachs erster Ausschank war die sogenannte "Erbschänke". Sie befand sich im heutigen Haus Hauptstraße Nr. 44 und wurde 1597 auf Geheiß der Reuther Herren  eingerichtet. Dazu ließen sie ein Gehöft bauen und übergaben es einem Paul Neidhardt. Dabei sicherten sie sich das Liefermonopol für Bier und Brot und beteiligten sich am Umsatz. Im Vertrag um die Erbschänke in Schönbach im Jahre 1579 zwischen der Herrschaft Reuth und Paul Neidhardt von Schönbach/V. heißt es wörtlich :

Nach Christi Geburt unseres Herrn und Seligmachers ist im Jahre 1579 vor mir, den Edlen und Ehrvesten  Heinrich von Uttmann auf Reuth, Paul Neidhardt erschienen, um einen Kaufvertrag mit ihm über die neue Schenke in Schönbach abzuschließen. Der Vertrag bestimmt, daß Neidhardt die Schenke von den Erb- und Gerichtsherrn unwiderruflich für 112 Florin erkauft, für bares Geld. Weiter soll der Käufer für ewige Zeiten, erblich, 4 Tage jährlich Korn mähen und 16 Groschen  Erbzins zahlen und weiter, von jedem Bier, daß er verkauft 18 abgeben. Weiter wird der Käuferverpflichtet, daß Brot und Bier - nur von der Herrschaft zu beziehen - nie ausgeht, sonst muß ein halbes Schock Strafe zahlen. Weiter ist nicht gestattet, unzüchtigen Weibern Herberge zu geben. Auch ist außer Hochzeiten und Kindtaufen nicht gestattet Bier umzuschrotten - von der Herrschaft zu nehmen. Auch soll der Pächter der Gemeinde jährlich 5 Groschen zinsen“.                                                         

Im Beisein beschlossen : Abraham von Metzsch auf Brunn und Reuth, Paul Neidhardt und Gläubige. (St- Arch. Reuth 1618)

In diesem Gebäude (alte Ansicht) befand sich die Schönbacher "Erbschenke". Die Gaststätte wurde um 1840 aufgegeben und ist seitdem ein Privathaus.


Im Gebäude des heutigen Kindergartens befand sich ebenfalls eine Gastwirtschaft. Sie wurde 1887 von August Heinz als Schenke erbaut,1893 fügte der Nachbesitzer einen Lebensmittelhandel dazu. 1897 richtete ein neuer Käufer zusätzlich einen Kramladen ein. Da die meisten Wirte allein von der Gastwirtschaft nicht leben konnten, war es üblich, noch andere Waren zu verkaufen. Oft hatten Wirte auch noch einen ganz anderen Beruf und öffneten die Wirtschaft nur abends oder überließen das Tagesgeschäft der Ehefrau.

Ab 1900 wurde in der Gastwirtschaft auch Fleisch verkauft . Ihr Besitzer war Hermann Zeidler., Er baute 1906 eine Kegelbahn an.  Zu dieser Zeit hieß die Gaststätte "Schweizerhaus", wie man auf einer alten Postkarte sehen kann. Über den Ursprung des Namens - der in Sachsen öfter auftaucht - konnte noch nichts in Erfahrung gebracht werden.

Diese Abbildung zeigt das Gasthaus in der Dorfmitte um die Jahrhundertwende. Der heutige Kindergarten und seine Umgebung sind kaum wieder zu erkennen. (Sammlung Görner/Geppert)

Das Gebäude wurde mit Um – und Ausbauten um 1921 umfangreich erneuert und bis 1961 weiter als Gastwirtschaft und Lebensmittelladen geführt. Dann kaufte es  die Gemeinde und es gab keinen Verkauf und Ausschank mehr. Im Untergeschoss fanden der Schönbacher Kindergarten und ein Gemeinde – Kulturraum ihren Platz, im oberen Teil wurden 3 Wohnungen vermietet. 1965 wurde aus der ehemaligen Kegelbahn die Wäschemangel des Ortes. Ab 1969 hatte auch das Gemeindeamt im Gebäude seinen Sitz.1972 wurde eine Wohnung im Haus mit der Auflage vermietet, bei Veranstaltungen (z.B. zum 1. Mai oder zu Wahlen), habe die Mieterfamilie die Bewirtschaftung des Kulturraumes zu übernehmen. Im hinteren Teil des Gebäudes wurden außerdem eine Zeitlang Äpfel zum Mosten angenommen.  Heute befinden sich die Räume des Kindergartens darin.

Die bis heute bekannteste Gaststätte in Schönbach lag am Ende des Dorfes in Richtung Brunn - der "Gasthof Schönbach".  Das Haus wird in der Ortschronik seit 1608 nachgewiesen. Seit 1795 soll es eine Ausschankkonzession für den Besitzer - Johann David Vogel - gegeben haben. 1914 soll der Saal angebaut worden sein, Besitzer war damals Franz – Ferdinand Schubert aus Lengenfeld. Die Gastwirtschaft hatte den Charakter eines Kleingutes, also einer bäuerlichen Wirtschaft.

Ein Turnplatz und ein Geräteschuppen entstanden zwischen 1930 – 33, das war die Blütezeit des Schönbacher Turnvereins. Besitzer war zu dieser Zeit Emil Schubert, der Sohn von Franz – Ferdinand.
1967 – 1969 wurde das Gebäude generalüberholt, allerdings ohne den Saal. Der diente bereits damals nur noch als Lagerraum.
1971 kauft  Helmut Gosz das Haus von der Witwe Schuberts, modernisiert es und eröffnet es neu am 1.9.1971.  Während der Saal weiter verfiel, wurde die Gaststätte noch bis in die 2000er Jahre im Nebenerwerb und nur sporadisch weiter betrieben. In einem Teil des Hauses traf sich nach 1989 der Schönbacher Schützenverein.
2018 wurde das Gebäude von den Erben des letzten „Gastwirtes“ verkauft und steht seitdem leer.

  • Alte Aufnahme des Gasthofes im Oberdorf
  • Man kann die Nutzung als Gasthof nur ahnen
  • Der Gasthof Schönbach zu seinen Glanzzeiten
  • Aus der Ferne

Das Gebäude des Gasthofes "Schubert", später "Gosz" , offiziell der "Gasthof Schönbach" im oberen Dorf (Sammlung Görner/Geppert)


Die größte Gaststätte des Ortes war der "Gasthof Schönbach" an der Reichenbacher Straße.  Er lag zwar an der Straße zwischen Neumark und Reichenbach, das Grundstück gehörte aber zur Schönbacher Flur.
Sein Gründer war Karl – Friedrich Kühnert, ein Schuhmacher aus Schönbach/V., der bereits Erfahrung als Gastwirt hatte. Ihm gehörte nämlich zu dieser Zeit bereits die "Erbschenke" in der Ortsmitte, von der auf dieser Seite bereits die Rede war. Er hatte sie 1832 vom Vorbesitzer übernommen. In der Zeit von 1837 – 1840 kaufte er zwei Grundstücke außerhalb des Ortes, um eine Schenke mit Kleingut zu bauen. Er wollte sich also vergrößern und dazu den begrenzten Platz im Zentrum des Ortes verlassen. Es war sein Recht, die Schankerlaubnis - ein besonderes Privileg, das nicht jeder ohne weiteres bekam-  quasi in die neue Gastwirtschaft mitzunehmen.

Dazu zitiert unser Ortschronist Görner einen Auszug aus einem Protokoll des Gemeinderates Schönbach vom März 1840 (1): „Am 26.04.1840 versammelt sich der Gemeinderat und auch die Gerichtsschöppen Lindner und Reichardt. Und beschlossen, daß jetzt zur Zeit wohl ein Wirtshaus das ganze Dorf befriedigen könnte, sollte aber Mangel eintreten, so würde sich freilich die Comune an die hohe Behörde wenden um einen – Reihenschank – auszuüben. Bei jetziger Zeit, wo es beständig an Geld und Nahrung fehle, müßte eins das ganze Dorf befriedigen. Auch wenn Kühnert seine gerechtsame – althergebrachte Rechte (2) mit hinübernimmt, so bleibt dem Dorfe er nur eine halbe Stunde entfernt".

Dieser aus heutiger Sicht etwas umständlich formulierte Text sagt uns, dass die Existenz eines Wirtshauses für den "Frieden" im Ort so wichtig war, dass sich der Rat in einer seiner ersten Sitzungen überhaupt damit beschäftigte. Die Ratsmitglieder besprachen dabei wohl, dass es mit dem Weggang von Kühnert einen Gasthof weniger in Schönbach geben würde.
Da es aber noch den Gasthof im Oberdorf gab und Kühnerts neue Wirtschaft in 30 Minuten Fußweg zu erreichen war, hatte der Gemeinderat nichts einzuwenden. Interessant ist die Bemerkung im Text, dass im Ernstfall - also falls es tatsächlich einmal kein Gasthaus mehr in Schönbach geben sollte - ein Reihenausschank zu organisieren sei. Damit ist gemeint, dass dann verschiedene Privathäuser reihum den Schankbetrieb übernehmen sollten. Dazu scheint es aber in Schönbach nicht gekommen zu sein.

Nachdem der neue Gasthof von Kühnert direkt an der Straße gebaut und eröffnet wurde, nennt die Chronik von 1842 – 1904 drei weitere Besitzer (Schlesinger, Pfeifer, Singer.) Eigenartig ist, dass Kühnert also wohl nur kurz in Besitz des Gebäudes geblieben ist. Einen Grund dafür nennt die Chronik nicht.

1905 schließlich kaufte Albin Schettler den Gasthof und verband ihn langfristig mit seinem Namen. Er baute Saal, Scheune und Kegelbahn an. Das Haus zog zunehmend Gäste auch aus Reichenbach an. Es fanden häufig Veranstaltungen statt. Viele Oberreichenbacher besuchten z.B. regelmäßig die Tanzabende.
Ab 1926 wird der Schönbacher Turnverein erwähnt, der im Gasthof seine Turnstunden und Versammlungen abhielt.

Diese Abbildung zeigt den "Gasthof Schönbach"  ("Schettler") ca. 1918. Es ist der Abdruck einer historischen Postkarte, die zur Sammlung des Reichenbachers R. Götz gehört.

Im Jahr 1948 beging Schettler Selbstmord, seine Frau führte den Gasthof weiter. 1958 wurde das Gebäude dann an die MAS/MTS Mylau verkauft und zum „Stützpunkt“ Schönbach gemacht. 

*  Hintergrund          In diesen Maschinen - Ausleihstationen (auch Maschinen - Traktoren -Station) wurden mit der beginnenden Zentralisierung der                                                                     Landwirtschaft in der DDR Maschinen und Traktoren konzentriert und den Bauern ausgeliehen. Meist gehörten eine                                                                                     Reparaturwerkstatt und eine Tankstelle dazu. Später wurden die Maschinen Eigentum der neu gegründeten LPG oder der                                                                           "Kreisbetriebe für Landtechnik".        





Der "Gasthof Schettler" in den Sechzigern, als der Gaststättenbetrieb bereits eingestellt war. Man erkennt an der Tür die Zapfsäulen der MTS.  (Sammlung Görner/Geppert)

Mit der Auslagerung und Auflösung der MTS 1965 gingen das Grundstück und die Gebäude in den Besitz der Gemeinde über. Scheune und Saal wurden an eine Reparaturwerkstatt für Gabelstapler verpachtet . Der Rest des Gebäudes wurde zu Wohnraum umgebaut, dabei entstanden zu  bereits vorhandenen zwei weitere drei  Wohnungen. Die Mieter und Nutzer des Gebäudes wechselten von da an häufig.1995 wurde das Gebäude zum letzten Mal  an einen privaten Nutzer weiter verkauft und verfiel von da an schnell. Nach einem Sturm im Herbst 2018 wurde der Rest des baufälligen Anwesens im April 2019 abgerissen.

Eine weitere Gaststätte hat es vermutlich von 1828 - 1887 auf der heutigen Blumengasse gegeben. Das Haus wurde dann an einen Stellmacher verkauft. Leider sagt uns die Ortschronik nicht mehr darüber.

Nicht vergessen sein soll auch die Gaststätte "Zur Sonne" im Ortsteil Neuschönbach, zu der in der Ortschronik aber kaum Fakten zu finden waren.

Die Gaststätte "Zur Sonne" mit einem kleinen Lebensmittelhandel im Seitengebäude. Später befand sich hier der Friseursalon Kuhn (Sammlung Görner/Geppert).

So wie viele Dorfgasthäuser hatten auch die in Schönbach  keinen offiziellen Namen. Zwei von ihnen nannten sich "Gasthof Schönbach". Der "echte" Gasthof Schönbach war der im Oberdorf. Der "Gasthof Schönbach" an der Reichenbacher Straße wurde wahrscheinlich nur von auswärtigen Fuhrleuten so genannt, die nicht wussten, dass es etwas abseits bereits ein anderes Gasthaus mit diesem Namen gab. Der Besitzer Albin Schettler nannte das Haus dann ebenso, da er wohl seinen eigenen Namen nicht benutzen wollte. 

Das setzte sich bei den Einheimischen aber eher nicht durch. Vielmehr waren alle Gasthäuser meist mit den Namen der besonders bekannten oder erfolgreichen Wirte und ihrer Familie verbunden, die die Wirtschaften über viele Jahre führten. So gingen die Schönbacher ins Oberdorf zum "Schubert" und später "zum Gosz", die Gastwirtschaft in der Dorfmitte war "beim Pürzel" und der Gasthof an der Reichenbacher Straße war allen nur als Gasthof "Schettler" bekannt.

Viele Einheimische beklagen heute, dass es keine Gastronomie mehr im Ort gibt. Das ist auch wirklich schade. Die Wahrheit ist aber auch, dass schon in früheren Zeiten die Besitzer der kleineren Wirtschaften mehr schlecht als recht lebten und oft auf andere Einkünfte angewiesen waren. Die ersten Schönbacher Wirte waren tagsüber Kleinbauern. Später verdienten sie sich als Fleischer, Lebensmittelhändler oder in einem anderen Hauptberuf etwas dazu. Neben dem täglichen Betrieb in der Gaststube wurden Beerdigungen oder Hochzeiten mit vielen Gästen ausgerichtet. Die Wirtschaft hatte auch an Sonntagen und Feiertagen geöffnet, Schließtage gab es in der Regel keine. Oft blieb die Gaststube abends auf, bis auch die letzten Zecher gegangen waren. Dieses Pensum war nur zu schaffen, weil man viele Stunden für relativ wenig Geld arbeitete. Es gab keine Angestellten, sondern Familienmitglieder oder Aushilfen arbeiteten mit. Die Gäste waren meist nicht wohlhabend, man trank ein Feierabend - Bier, zu dem man nach dem Abendessen erschien oder ging zum Frühschoppen. Mittagessen mit der ganzen Familie blieb eher die Ausnahme. Essen im Gasthaus gönnte man sich nur selten zum Tanzabend, Vereinstreffen oder großen Familienfeiern. 

*  Hintergrund      In der DDR wurden die Preise der Gaststätten zentral festgelegt, die meisten Dorfgasthäuser  hatten dabei die Preisstufen I oder II, sie lagen                                              also im unteren Preissegment. In Preisstufe I  kosteten ein Bier (0,25l) in den 70er Jahren 42 Pfennige, eine Bockwurst 85 Pfennige oder eine                                            Portion Gulasch mit  Gemüse 2,35 Mark. Zum Vergleich: Das durchschnittliche Nettoeinkommen lag zwischen 550 und 800 Mark. Das konnte                                            nur klappen, weil die Waren und  die Energie vom Staat subventioniert wurden. Dieses System der "sozialistischen Sozialpolitik" war gut                                                      gemeint und sollte die Bürger der DDR von der Überlegenheit des Sozialismus überzeugen. Betriebswirtschaftlich war es auf Dauer ein                                                      Desaster. Mit der fortschreitenden Mangelwirtschaft  besonders der 1980er Jahre hatten es die  Wirte immer schwerer, verlässlich Ware für                                                ihre Küche zu  bekommen. Zu vielen Familienfeiern im Gasthaus  musste man rare Zutaten selbst mitbringen.  Auch Material und                                                                Handwerkerleistung für nötige Renovierungs- und Umbauarbeiten waren  schwer zu kriegen. Deshalb sahen manche Gasthöfe irgendwann                                                aus, als sei die Zeit in den 70ern  stehen geblieben.

Die Wirte im Dorfgasthaus konnten also nicht unbedingt reich werden. Auf jeden Fall aber waren sie Respektspersonen im Ort. In der Gaststube liefen Nachrichten und Dorfklatsch zusammen - ein guter Wirt wusste viel und konnte Geheimnisse bewahren. Auch von den persönlichen Beziehungen zur Kundschaft und den Lieferanten hatte eine Gastwirtsfamilie in Zeiten von Tauschgeschäften und "Vitamin B" immer mal einen Vorteil. 

Bekannt und beliebt waren die Dorfgasthöfe für ihre Tanzveranstaltungen mit Diskothek und Livemusik. Hier spielten oft überregional bekannte Bands und zogen besonders die Dorfjugend an. Viele Paare lernten sich dort kennen. Tanzabende waren die Partnerbörsen des analogen Zeitalters. Von den Schönbacher Gasthöfen war es besonders der obere, in dem Fasching oder Silvester krachend gefeiert wurden.

Heute ist keiner der Dorfgasthöfe von Schönbach mehr für Gäste offen. Soweit die Gebäude noch existieren, sind sie in Privatbesitz und anderweitig genutzt. Vielleicht gelingt es der Dorfgemeinschaft, wieder einmal viele Schönbacher bei einem Bier oder Kaffee und Kuchen zu versammeln.